Es hat sich abgezeichnet, jetzt ist es offiziell: JessieVash legt eine Pause vom aktiven Esport ein. Der Ingame-Leader von Team Secret, eines der Gesichter der südostasiatischen VALORANT-Szene, zieht sich zurück – wegen Erschöpfung, toxischem Community-Druck und mentaler Belastung.
Für sein Team ist das ein Tiefschlag. Für die Szene ein Spiegel.
„I feel like I have to step out“ – was JessieVash zum Rückzug brachte
Er war der Ruhepol im Chaos, derjenige, der in brenzligen Situationen den Überblick behielt. Aber auch JessieVash ist nicht unverwundbar. In seinem Statement spricht er offen über mentale Erschöpfung. Nach Jahren auf höchstem Niveau, mit durchgetakteten Tagen, Reisestrapazen und öffentlichem Erwartungsdruck war irgendwann Schluss.
Nicht ein einzelner Moment war entscheidend – es war die Summe. Ständiger Grind, kaum Erholungsphasen, dazu Kommentare nach jeder Niederlage, Memes, Hate, Zweifel. Auch wenn man Profi ist: Kritik wiegt. Und wer als ältester aktiver VCT-Spieler die Verantwortung für ein ganzes Team trägt, spürt sie doppelt.
Die Schattenseite der Szene: Wenn Support kippt
Es ist ein altbekanntes Muster: Erst gefeiert, dann zerlegt. Nach dem frühen Aus in der VCT Pacific Stage 1 wurde aus der Fanbase von Team Secret schnell ein Pulverfass. Und auch wenn JessieVash nie der war, der sich öffentlich beschwert, zeigt sein Statement zwischen den Zeilen, wie sehr ihn diese Negativität getroffen hat.
Dass mentale Gesundheit im Esport noch immer unterschätzt wird, ist kein Geheimnis. Aber wenn selbst Spieler wie JessieVash – erfahren, stabil, reflektiert – an den Punkt kommen, wo sie raus müssen, dann muss die Szene hinschauen.
Eine Karriere mit Signalwirkung
JessieVash war nie der lauteste Spieler – aber einer, auf den du dich verlassen konntest. Seine Turniererfolge sprechen für sich: APAC Predator League, VALO2ASIA Invitational, Auftritte bei Champions-Events, starke Series bei VCT LOCK//IN.
Und vor allem: Er hat gezeigt, dass Esport kein „Junge-spielt-mit-18-und-hört-mit-24-auf“-Modell sein muss. Mit 35 Jahren hat er Spiele und Generationen überdauert, Teams aufgebaut, Spieler mitgezogen. Als Leader, Mentor, Shotcaller.
Sein Ausstieg ist mehr als ein Personalwechsel – es ist ein Einschnitt. Weil er der Beweis war, dass Reife, Ruhe und Spielintelligenz genauso entscheidend sind wie schnelle Reaktionen.
Team Secret im Rebuild-Modus
Nach dem Rückzug folgte der Umbau. Neben JessieVash wurden auch 2GE und Jremy aus dem Roster genommen. Neu im Team: KellyS (ausgeliehen von Global Esports) und ZesBeeW als Stand-In. Dazu die bewährten Wild0reoo, invy und yamyam yui.
Der Neustart ist mutig, aber riskant. In Stage 1 war das Ergebnis klar: Letzter Platz. Jetzt liegt es an Coach Meow und Analyst Rbtx, aus dem Mix aus Frische und Erfahrung eine funktionierende Einheit zu formen.
Die Szene reagiert – ehrlich, emotional, erschrocken
Die Reaktionen auf JessieVashs Rückzug zeigen vor allem eins: Betroffenheit. Viele Fans verstehen den Schritt, Profi-Kollegen äußern sich zustimmend, Ex-Spieler rufen zur Reflexion auf.
Mental Health ist kein Nebenthema mehr. Es wird ernst genommen – zumindest von denen, die es betrifft. Die Hoffnung: Dass daraus mehr als nur Betroffenheitsbekundungen werden.
Kein Abschied, sondern Luft holen
Wichtig: JessieVash steigt nicht komplett aus. Es ist keine Abschiedstour, sondern eine bewusst gesetzte Pause. Auf Twitch bleibt er aktiv, verfolgt die Szene, kommentiert Spiele und liefert VALORANT-Content – nur eben nicht mehr als Teil des aktiven Rosters.
Wer ihm dort zuhört, merkt: Das Feuer ist nicht aus. Es geht gerade eher darum, neue Luft zu holen, sich nicht zu verbrennen – und irgendwann vielleicht zurückzukommen. Nicht aus Pflichtgefühl. Sondern, wenn es wieder passt.