ALGS-Boykott: Wenn Haltung wichtiger wird als Preisgeld

Jana Radu
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Apex Legends Global Series, kurz ALGS
Image credit: Apex Legends

Mitten im Hype um den Esports World Cup 2025 platzt eine Entscheidung, die Wellen schlägt: Apex-Legends-Profi Hambino verzichtet auf seine Teilnahme – aus Protest gegen den Austragungsort Saudi-Arabien. Ein waschechter ALGS-Boykott. Es ist mehr als eine persönliche Absage. Es ist ein politisches Statement, das den Esport vor grundlegende Fragen stellt. Wie gehen Spieler, Teams und Veranstalter mit ethischer Kritik um? Und was heißt das für die Zukunft großer Turniere?

Protest gegen den Austragungsort: Warum Riyadh nicht alle feiern

Saudi-Arabien hat sich in den letzten Jahren zum Austragungsort zahlreicher Sport- und Gamingevents gemacht. Mit dem Esports World Cup will das Land die eigene Position in der Branche stärken – unterstützt durch den staatlichen Public Investment Fund. Doch diese Investitionen sorgen nicht nur für Infrastruktur und Preisgelder, sondern auch für Kritik: Der Vorwurf des „Sportswashing“ steht im Raum. Viele in der Community empfinden es als zynisch, wenn ein Land mit repressiver Innenpolitik durch Esports um Imagepflege bemüht ist.

Gerade Spiele wie Apex Legends, in denen Diversität großgeschrieben wird, wirken für viele deplatziert in einem politischen Umfeld, das genau diese Werte nicht unterstützt. Der Unmut ist entsprechend groß – und wird jetzt erstmals auch durch Boykott sichtbar.

Hambino sagt ab – und sendet ein deutliches Signal

Hambino zählt zu den bekannten Gesichtern der Apex-Szene. Als sein Team sich über die ALGS qualifizierte, galt das als sportlicher Erfolg. Doch statt sich auf die Bühne in Riyadh zu freuen, entschied sich der Spieler für einen anderen Weg: Er verzichtet – bewusst und öffentlich. Der Grund für den ALGS-Boykott: die systematische Unterdrückung von LGBTQ+-Menschen in Saudi-Arabien. Sein Platz wird ersetzt, das ihm zustehende Preisgeld spendet er an queere Initiativen.

Sein Schritt löst eine Welle aus. Auch andere Profis – wie ChrisCCH – schließen sich an. Für viele ist es nicht nur eine politische Entscheidung, sondern eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wer ein Spiel vertritt, das für Vielfalt steht, kann nicht einfach wegsehen, wenn diese Werte in der Realität verletzt werden.

Die Community reagiert – geteilt, aber laut

In den sozialen Netzwerken schlägt die Entscheidung hohe Wellen. Unter dem Hashtag #NoToSportswashing solidarisieren sich Spieler, Fans und Aktivist:innen mit Hambino und seinen Mitstreitern. Viele loben den Mut, sich gegen die eigenen Chancen zu stellen – für ein Zeichen, das größer ist als ein Turnier. Andere wünschen sich, Sport und Politik zu trennen, wollen den Fokus auf das Spiel legen.

Doch gerade das gelingt kaum. Wenn Topspieler fehlen, verändert das die Dynamik eines Events. Teams müssen umplanen, die sportliche Wertung wird diskutiert. Der Boykott wirkt – auch über das Event hinaus.

Langfristige Folgen für Publisher und Turnierveranstalter

Die Situation bringt auch die Veranstalter in Zugzwang. Publisher wie EA geraten unter Druck: Warum wurde Riyadh überhaupt als Standort gewählt? Welche Werte will man vertreten? Und wie glaubwürdig ist ein Engagement, wenn man Diversität im Spiel betont, aber problematische Partner akzeptiert?

Klar ist: Die Szene ist nicht mehr bereit, alles hinzunehmen. Spieler haben Reichweite, Plattformen und Einfluss. Wer künftig Events plant, muss sich auf mehr Fragen einstellen. Die Standortwahl wird zur strategischen Entscheidung – nicht nur aus logistischer, sondern aus moralischer Perspektive.

Eine Szene im Wandel – und mittendrin ein starkes Zeichen

Der Boykott um die ALGS ist kein Einzelfall, sondern Teil einer größeren Bewegung. Die Esports-Szene wird erwachsener. Zwischen Sponsorenverträgen, Preisgeldern und Zuschauerzahlen entsteht ein neues Bewusstsein dafür, welche Verantwortung große Plattformen mit sich bringen.

Es geht nicht nur um Siege, sondern darum, wofür man steht. Hambinos Entscheidung zeigt, wie viel Gewicht ein einzelner Spieler haben kann – und wie laut ein Nein klingen kann, wenn es nicht für sich selbst, sondern für andere ausgesprochen wird.

Ob Publisher, Spieler oder Fans: Diese Diskussion wird nicht verschwinden. Sie gehört zur Zukunft des Esports – und das ist gut so.

Jana ist leidenschaftliche Gamerin, Technikfan und wandelndes Lexikon für alles rund um Esports, RPGs und Retro-Konsolen. Seit ihrer Kindheit begeistert sie sich für digitale Welten und hat sich über die Jahre ein beeindruckendes Fachwissen aufgebaut – von Speedruns bis hin zu Hardware-Tweaks. Wenn sie nicht gerade in Fantasy-Universen abtaucht, schreibt sie über Gaming-Trends oder tüftelt an ihrem Streaming-Setup. Für Jana ist Gaming mehr als ein Hobby.