COD: Mobile-WM – Carry1st bringt Afrika auf die Weltkarte

Linda Güster

E-Sports-Turniere gibt es viele. Aber nur wenige markieren eine echte Zäsur. Die COD: Mobile-Weltmeisterschaft 2025 gehört dazu – nicht wegen des Preispools oder der Location, sondern wegen eines einzelnen, überfälligen Details: Afrika ist offiziell dabei. Kein “extra Qualifier für ROW”, kein Klinkenputzen bei Veranstaltern, kein Warten auf Gnadenplätze. Sondern ein eigener Weg ins Hauptfeld. Organisiert von Carry1st, einem Unternehmen, das mehr an Afrika glaubt als so mancher Publisher je getan hat.

Lagos statt Zuschauertribüne

Die Africa Qualifier laufen von Mai bis August. Der Höhepunkt: ein LAN-Finale in Lagos, Nigeria – zwei Tage, 16 Teams, fünf Modi, eine Bühne, auf der das meiste zum ersten Mal passiert. Das Turnier ist offen, aber nicht beliebig. Sieben Regionen sind gesetzt: Nigeria, Ghana, Kenia, Uganda, Südafrika, Nordafrika, Westafrika. Dazu eine Wildcard, für Länder, die oft vergessen werden, aber trotzdem da sind. Teilnehmen darf, wer 16 ist, ein Smartphone hat und in einem der genannten Länder lebt. Keine Ausreden.

Carry1st liefert ein Format, das wie ein Beweisstück wirkt. Nicht dafür, dass afrikanischer E-Sport existiert – das wusste die Community vorher schon. Sondern dafür, dass er endlich nicht mehr ignoriert werden kann.

Wer gut ist, kommt weiter – wer besser ist, kommt nach Asien

Der Aufbau ist klassisch: Solo-Qualifier, Teamphase, Regionals, LAN. Alles läuft über Ranglistenpunkte, über Platzierungen, über Matchstärke. Wer oben landet, fliegt nach Asien. Dort wartet die Weltmeisterschaft, eine Million Dollar Preisgeld – und eine Bühne, auf der afrikanische Teams bisher nicht mal im Publikum saßen.

Der Sieger von Lagos fährt nicht als Dekoration, sondern als ernstzunehmender Vertreter eines Kontinents. In einem Spiel, das auf Mobilgeräten funktioniert, aber in den Köpfen der Veranstalter bisher trotzdem nicht global gedacht wurde. Jetzt wird’s ernst.

15.000 Dollar – und der Wert dahinter

Klar, 15.000 Dollar sind kein Vergleich zu den internationalen Summen. Aber für viele Teams ist das mehr als ein Preisgeld. Es ist Startkapital. Die erste wirkliche Möglichkeit, mit Gaming Geld zu verdienen. Nicht durch Streaming, nicht durch Werbung, sondern durch Wettbewerb. Plötzlich steht da ein Pokal, der nicht digital ist. Eine Bühne, die nicht aus Twitch-Clips besteht. Und Gegner, die nicht irgendwo auf einem fremden Server warten – sondern direkt gegenüber.

Das verändert nicht nur, wie Spieler denken. Es verändert, wie ihre Städte, Schulen, Familien auf sie schauen.

Wenn der Unterbau wächst, wird’s gefährlich für alle anderen

Schon jetzt merkt man, was das mit der Szene macht. In Ghana gründen sich neue Squads, in Kenia werden Bootcamps eingerichtet, in Uganda starten Sponsorenprogramme für Jugendteams. Kamerun und Elfenbeinküste schicken erste Turnieraufstellungen. Länder, die in globalen E-Sports-Rankings nicht einmal auftauchen, bauen sich jetzt ihren Platz. Und zwar nicht durch Bitten, sondern durch Leistung.

Carry1st hat die Bühne gebaut – aber was darauf passiert, schreibt die Community. Und die hat erkennbar keine Lust mehr, auf Applaus von außen zu warten.

Afrika denkt anders über E-Sports – und das ist gut so

Was sich in Lagos abspielt, hat mit Prestige wenig zu tun und mit Marktwert nur am Rande. Es geht nicht darum, in der nächsten VALORANT- oder League-Diskussion mitreden zu dürfen. Es geht um Eigenständigkeit. Darum, nicht länger darauf zu hoffen, dass jemand “den afrikanischen Markt entdeckt”, sondern einfach anzufangen. Die Szene ist nicht neu. Sie ist nur endlich laut genug, dass niemand mehr weghören kann.

Universitäten steigen ein. Lokale Brands steigen ein. Und vielleicht irgendwann auch die Publisher. Aber auch wenn nicht: Es läuft.

Linda Güster ist leidenschaftliche Gamerin und als Teil des Freelance-Teams bei ESI immer am Puls der eSports-Szene. Ob knallharte DotA-2-Matches, nervenaufreibende Survival-Abenteuer in Subnautica oder entspannte Stunden mit Cozy Games wie Stardew Valley — sie liebt die ganze Bandbreite des Gaming-Universums. Abseits davon bringt sie als Software-Entwicklerin und Freelancerin ihr Können in die Welten von Technologie, Mode, Finanzen und iGaming ein, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und spannenden Projekten.