Esports Charts boykottiert RESF-Turnier

Linda Güster
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Eine Reihe unbesetzter PCs

Der Esport steckt mitten in einer Debatte, die längst über das Spielgeschehen hinausgeht. Esports Charts, die führende Plattform für Zuschauerzahlen und Reichweitenanalysen, verweigert alle Daten zum jüngsten Tekken 8-Turnier unter Leitung der RESF – dem russischen Esports-Verband. Der Grund: politische Verantwortung.

Das Turnier wurde in Teilen auf umstrittenem Gebiet ausgetragen. Für das ukrainische Unternehmen hinter Esports Charts ist das ein klarer Bruch mit dem eigenen Wertekodex. Dabei geht nicht mehr nur um Zahlen – sondern um Haltung.

Zwischen Statistik und Statement

Der Schritt trifft das Turnier hart. Ohne Viewership-Daten fehlt nicht nur ein Standard für den Erfolg – es fehlt auch die Grundlage für Sponsoren, Medien und Teams, das Event sinnvoll einzuordnen. Für viele bedeutet das: keine Sichtbarkeit, kein Wachstum, keine Anschlussfähigkeit an die internationale Szene.

Und damit steht mehr auf dem Spiel als ein Turnier. Es geht um die Frage, wie politisch Esports sein darf – oder muss.

Die Community ist gespalten

In sozialen Netzwerken wird die Entscheidung zum Turnier der RESF kontrovers diskutiert. Während viele Esports Charts für die klare Haltung loben, werfen andere der Plattform Doppelmoral vor. Denn Events in anderen Ländern mit kritischer Menschenrechtslage – etwa in Saudi-Arabien – werden weiterhin gelistet. Die Debatte über ethische Standards im Esports ist damit neu entfacht.

Was bisher oft ignoriert wurde, wird jetzt laut ausgesprochen: Wer Daten liefert, nimmt Einfluss. Und dieser Einfluss kann mächtig sein.

Konsequenzen für Turniere und Teams

Für Fighting Games wie Tekken, bei denen Sichtbarkeit ohnehin ein hartes Gut ist, wirkt der Boykott fast wie ein Schattenbann. Einerseits gehen Teams, die auf starke Reichweiten hoffen, leer aus. Andererseits verlieren Veranstalter, die auf Medienberichte und Sponsorengelder angewiesen sind, an Substanz. Was früher als neutral galt – bloßes Tracken von Zahlen – wird nun jedoch zum politischen Statement.

Es entsteht ein neues Spielfeld: Wer als Veranstalter internationale Reichweite will, muss sich der Verantwortung stellen, auch außerhalb des Spiels.

Linda Güster ist leidenschaftliche Gamerin und als Teil des Freelance-Teams bei ESI immer am Puls der eSports-Szene. Ob knallharte DotA-2-Matches, nervenaufreibende Survival-Abenteuer in Subnautica oder entspannte Stunden mit Cozy Games wie Stardew Valley — sie liebt die ganze Bandbreite des Gaming-Universums. Abseits davon bringt sie als Software-Entwicklerin und Freelancerin ihr Können in die Welten von Technologie, Mode, Finanzen und iGaming ein, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und spannenden Projekten.