Es war eine Frage, die in ihrer Klarheit alles sagte: „Was bringt es überhaupt noch, eine VALORANT-Division zu betreiben?“ Als der CEO von Alter Ego, Delwyn Sukamto, diese Worte öffentlich aussprach, war klar: Es geht nicht nur um ein Team, sondern um eine Region. Südostasien verliert eine ihrer bekanntesten Organisationen – und mit ihr ein weiteres Stück VALORANT-Geschichte. Warum dieser Rückzug kein Einzelfall ist, sondern ein Symptom, zeigt sich beim genaueren Blick auf die Lage.
Eine Szene im Rückwärtsgang
Alter Ego war lange mehr als ein Platzhalter im Turnierbaum. Sie prägten die lokale Esport-Landschaft, brachten Talente hervor, spielten sich in Herz und Hirn der Community. Doch spätestens 2025 war klar: Das reicht nicht mehr. Die sportliche Leistung stimmte, doch die Rahmenbedingungen taten es nicht. Sinkende Reichweite, wachsende Unsicherheit und eine Liga-Politik, die vielen wie ein Irrweg erscheint – das war am Ende zu viel.
Andere bekannte Organisationen hatten da längst aufgegeben. Made in Thailand, Disguised, Bigetron – sie alle verließen VALORANT, noch bevor der ganz große Einbruch kam. Die Luft wurde dünn. Wer blieb, kämpfte zunehmend gegen die Bedeutungslosigkeit.
Wie eine Plattform alles verändert hat
Ein großer Einschnitt war die Entscheidung, die Übertragungsrechte exklusiv an die koreanische Plattform SOOP zu geben. Was als strategischer Schritt verkauft wurde, erwies sich schnell als Isolierung. Wo vorher Zehntausende zuschauten, blieben nur wenige Hundert. Die Sichtbarkeit fiel auf ein Niveau, das nicht einmal Nachwuchsturnieren gerecht wird. Und mit ihr fielen Sponsoren weg, Werbepartner zogen sich zurück, Organisationen mussten reagieren.
Für ein Spiel, das von seiner Präsenz lebt, war das der Anfang vom Ende. Denn wer nicht gesehen wird, existiert im Esport schlicht nicht.
Riot schaut zu – und das Problem wächst
Ein weiteres Problem war die Frage nach Verantwortung. Während die Community schrumpfte, kam aus dem Publisher-Lager wenig bis gar nichts. Riot übergab viele Aufgaben an externe Dienstleister – und mit ihnen verschwand auch ein Großteil der Kontrolle. Produktionsqualität, Ligenstruktur, lokale Förderung: alles geriet aus dem Blick. Die Teams blieben zurück mit Investitionen, die keine Wirkung mehr zeigten.
Was vielen als Chance verkauft wurde, war in Wahrheit eine Entkoppelung von dem, was VALORANT in der Region einst stark machte: Nähe zur Community, gut sichtbare Wege nach oben, echte Perspektive.
Wenn Hoffnung zur Belastung wird
Der Rückzug von Alter Ego ist deshalb nicht nur eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Es ist ein Kommentar auf den Zustand der Liga selbst. Ein System, das kaum Anreize bietet, weiterzumachen. Wer scheitert, fällt tief – wer durchhält, bekommt wenig zurück. Der Sprung in die VCT Pacific bleibt für viele eine Illusion. Der Weg dorthin ist nicht nur steinig, sondern unsichtbar.
Die Zusammenlegung der südostasiatischen Regionen hat das Problem nur verstärkt. Kleinere Märkte wie Indonesien oder die Philippinen verschwinden in der Masse. Teams werden zu Randnotizen. Spieler verlieren ihre Bühne.
Der Preis ist hoch – und er trifft die Falschen
Was nun droht, ist ein langsames Ausbluten. Nicht auf der großen Bühne, sondern in der Breite. Nachwuchsteams, Schulprojekte, regionale Cups – all das hängt an einer funktionierenden Szene. Wenn die fehlt, gibt es keine nächste Generation mehr. Keine neuen Talente, keine Inspiration, keine Bewegung.
Alter Ego hat viel versucht, viel getragen, viel investiert. Doch irgendwann kippt das Verhältnis. Und genau da stehen jetzt auch viele andere Teams: vor der Frage, ob sich Aufbruch überhaupt noch lohnt.