Complexity scheitert in Austin – und der CEO sagt nur: “Sorry”

Linda Güster
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Jemand spielt Counter-Strike auf einem Laptop
Image credit: Pryimak Anastasiia / Shutterstock.com

Als Jason Lake von Complexity nach dem überraschenden Aus beim BLAST.tv Major nur ein einziges Wort postete, rechnete niemand mit der Wucht, die es auslösen würde. “Sorry” – mehr brauchte es nicht, um die Diskussion über Verantwortung, Erwartungsdruck und Führungskultur im E-Sport neu zu entfachen.

Ein Wort, das mehr sagt als viele Sätze

Es war keine Taktikanalyse, kein PR-Statement und schon gar keine Ausrede. Als Complexity beim BLAST.tv Major in Austin überraschend früh ausschied, meldete sich CEO Jason Lake auf X mit nur einem Wort zu Wort: “Sorry.” Kein Kontext, keine Schuldzuweisung – und doch sprach dieser eine Begriff für ein ganzes Turnier, eine Organisation unter Druck und eine Szene, die gerade mit ehrlicher Kommunikation oft hadert.

Ein Heimspiel unter besonderen Vorzeichen

Für Complexity hätte das Major kaum mehr Bühne bieten können. Erstmals seit Jahren fand das Event wieder in den USA statt – und das gleich in Austin, Heimatstadt von Rifler Grim. Die Erwartung war riesig. Doch schon der Start ließ nichts Gutes erahnen. Gegen OG Esports gab’s eine klare Niederlage, die Unsicherheit setzte sich sichtbar fort. Der erhoffte Heimvorteil? Wurde zum psychologischen Ballast.

Ein Pflichtsieg gegen Fluxo brachte nur kurz Hoffnung. Der kurzfristige Wechsel auf Stand-In Junior – nötig geworden durch Visa-Probleme bei hallzerk – warf das Team zusätzlich aus dem Rhythmus. In einem Turnier mit dieser Kadenz reicht ein kleiner Stolperer, und du bist raus. Für Complexity wurde genau das zur Realität.

Letzte Chance gegen TYLOO – und das Scheitern

Das Do-or-Die-Match gegen TYLOO wurde zur Zerreißprobe. Auf Train und Inferno zeigte das Team zwar einzelne gute Runden, aber es fehlte an Kontrolle, Klarheit und Entschlossenheit. Sloppy Plays, gebrochene Economy, keine Stabilität – das frühe Aus war am Ende fast unausweichlich. 11-13 gegen TYLOO, und der Traum vom Heim-Triumph platzte vor heimischer Kulisse.

Normalerweise folgen auf solche Niederlagen wortreiche Statements oder betretene Funkstille. Jason Lake entschied sich für etwas anderes – und traf damit einen Nerv. Sein schlichtes “Sorry” wurde in der Community sofort aufgegriffen: Manche lasen darin Kapitulation, andere Verantwortung. Klar ist: Lake verzichtete bewusst auf Ausreden oder Rechtfertigungen. Für viele ein starkes Zeichen – gerade in einer Szene, in der Führungskräfte selten so klar Position beziehen.

Spielerstimmen zwischen Frust und Einsicht

Auch die Profis selbst meldeten sich zu Wort – ehrlich, direkt, ohne PR-Floskeln. In-Game-Leader JT nannte es schlicht “eine richtig schlechte Leistung” und ließ keinen Zweifel daran, dass der Stand-In keine Entschuldigung sei. Grim, sichtbar enttäuscht, sprach offen über den Druck des Heimspiels und die verpasste Chance: “Ich wollte hier abliefern wie nie zuvor.”

Die Reaktionen auf Lakes “Sorry” waren vielschichtig. Manche User forderten personelle Konsequenzen, andere zeigten Mitgefühl und lobten die Ehrlichkeit. Klar wurde: In einer schnelllebigen Szene, in der oft sofort nach Veränderungen geschrien wird, kommt echte Verantwortungsübernahme selten vor – und bleibt umso stärker im Gedächtnis. Auch Analysten und Kommentatoren hoben das Signal hinter dem einen Wort hervor: Es zeigt Größe, wenn man sich nicht hinter Strukturen oder Pech versteckt.

Linda Güster ist leidenschaftliche Gamerin und als Teil des Freelance-Teams bei ESI immer am Puls der eSports-Szene. Ob knallharte DotA-2-Matches, nervenaufreibende Survival-Abenteuer in Subnautica oder entspannte Stunden mit Cozy Games wie Stardew Valley — sie liebt die ganze Bandbreite des Gaming-Universums. Abseits davon bringt sie als Software-Entwicklerin und Freelancerin ihr Können in die Welten von Technologie, Mode, Finanzen und iGaming ein, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und spannenden Projekten.