Nach außen sieht es nach einer stabilen Saison aus: Fnatic holte sich 2024 sowohl den VCT EMEA Stage 1- als auch den Stage 2-Titel. Doch auf internationaler Bühne blieb der große Erfolg aus. Diese Mischung aus regionaler Dominanz und globaler Ernüchterung prägt auch das Jahr 2025 – mit einem entscheidenden Unterschied: Der Ton im Team hat sich verändert.
Ein neues Gefühl im Wettkampf
Nach dem verpassten Masters Bangkok schien Fnatic kurzzeitig in einer Sackgasse zu stecken. Doch der Turnaround gelang. In Stage 1 zeigte das Team ein neues Gesicht, mehr Kontrolle, mehr Spielfreude. Das Resultat: Direktqualifikation für das Masters Toronto als Top-Seed. IGL Jake „Boaster“ Howlett gab sich im Vorfeld des Turniers überraschend reflektiert. Er sprach offen über die Entwicklung seit der dominanten Phase 2023 – und über seine ganz persönlichen Erwartungen an das Turnier in Kanada.
Von Siegeswillen zu Dankbarkeit
Bei der Pressekonferenz ließ Boaster durchblicken, dass er in diese Saison nicht mit vielen Siegen gerechnet hatte. Der Fokus habe sich verschoben. Nicht mehr der Titel allein, sondern das Gefühl, wieder auf der Bühne zu stehen und gemeinsam zu spielen, stehe im Mittelpunkt. Die Qualifikation für Toronto sei für ihn bereits ein Geschenk – und ein Anlass, auf die Hochphasen von 2023 mit neuer Dankbarkeit zu blicken.
Diese neue Haltung ist nicht nur Fassade. Sie spiegelt sich auch im Spielstil wider. Boaster hat sein Calling verändert, reagiert spontaner, lässt dem Team mehr Raum zur Entfaltung. Gerade mit einem frischen Roster ist das ein wichtiger Schritt.
Ein Roster mit Fragezeichen – und Potenzial
Der Abgang von Derke war ein Schock für viele Fans. Kaajak, der als Rookie nachrückte, brachte naturgemäß Fragezeichen mit sich. Doch die Dynamik hat sich verschoben. Statt auf Einzelglanz setzt Fnatic vermehrt auf strukturiertes Zusammenspiel. Der Rhythmus wirkt ausgeglichener, die Kommunikation klarer. Mit Boaster als ruhendem Pol hat sich das Team neu geordnet – und Fahrt aufgenommen.
Toronto als Bühne für das nächste Kapitel
Sollte Fnatic die Masters Toronto gewinnen, würde das nicht nur den ersten internationalen Titel seit der Glanzzeit markieren, sondern auch einen historischen Rekord im VCT setzen. Doch Boaster will nicht in Superlativen denken. Für ihn zählt der Moment. Spielen, genießen, kämpfen – und vielleicht ein Stück Esport-Geschichte schreiben, ohne den Druck von gestern mitzuschleppen.
Bis dahin bleibt Zeit. Fnatic startet direkt in den Playoffs, die am 13. Juni beginnen. Die Fans haben also noch ein paar Tage, um den Rest des Teilnehmerfelds zu verfolgen – und dann zu sehen, ob die neue Gelassenheit wirklich zum Titel führt.