BLAST und Reliance in Indien: Ein Milliardenmarkt erwacht

Ben Touati
Jasmin Bosley

Die Esport-Welt schaut gern nach Korea, manchmal nach Deutschland – aber jetzt? Jetzt geht der Blick ganz klar Richtung Indien. Der am schnellsten wachsende Gaming-Markt der Welt steht kurz davor, zum nächsten großen Esport-Spielplatz zu werden.

Und wer steckt mittendrin? Nicht irgendein Start-up, sondern ein echter Gigant: Reliance Industries. Gemeinsam mit dem dänischen Turnierveranstalter BLAST will der indische Megakonzern die Szene aufmischen

Was ist passiert?

Am ersten Aprilwochenende hat Reliance – besser gesagt die hauseigene Sportsparte RISE Worldwide – eine Partnerschaft mit BLAST angekündigt. Wer BLAST nicht kennt: Die Jungs (und Mädels) machen große Turniere für Spiele wie Counter-Strike 2, Dota 2 oder Rainbow Six Siege – also genau das, wofür Esport-Fans weltweit nachts wach bleiben.

Ziel des Ganzen: Internationale Esport-Events nach Indien bringen, dort eigene Ligen aufbauen und die Szene endlich auf ein weltweites Niveau heben.

Das klingt erstmal nach „Business as usual“, aber die Größenordnung ist beeindruckend. Denn Reliance ist nicht irgendwer – das Unternehmen gehört zu den mächtigsten Konzernen Asiens, betreibt unter anderem das größte Mobilfunknetz Indiens (Jio), besitzt Fußball- und Cricket-Teams und hat eine Medienreichweite, von der viele Esport-Organisationen nur träumen können. Kurz gesagt: Wenn Reliance etwas anfasst, dann richtig.

Warum Indien?

Eine berechtigte Frage. Aber die Antwort ist einfach: Indien hat 600 Millionen Gamer – ja, wirklich. Die meisten davon zocken auf dem Handy, was vor allem Spiele wie Battlegrounds Mobile India (BGMI) groß gemacht hat. Im Bereich PC-Esport sieht es allerdings noch mau aus: Turniere gibt’s kaum, Teams arbeiten meist auf Sparflamme und das öffentliche Interesse ist ausbaufähig.

Doch genau das könnte sich jetzt ändern. Schon 2022 hat die indische Regierung Esport offiziell als Sportkategorie anerkannt. Und bei der Esports Conclave 2025 Anfang April in Neu-Delhi wurden sogar staatliche Prämien für Esport-Medaillengewinner angekündigt.

Der Wille ist also da – jetzt braucht’s nur noch jemanden, der das Ganze professionell aufzieht. Und da kommen Reliance und BLAST ins Spiel.

Die genauen Pläne

Laut gemeinsamer Pressemitteilung wollen sie internationale Turnierformate nach Indien bringen – und zwar nicht nur für Mobile Games, sondern auch für klassische PC-Titel. Denkbar wären Ableger der bekannten BLAST Premier-Serie für CS2 oder eigene Mobile-Events.

Auf jeden Fall sollen erstklassige Produktionen, Preisgelder und Zuschauerzahlen nicht länger den westlichen Märkten vorbehalten bleiben.

BLAST-CEO Robbie Douek spricht davon, dass Indien einer der „aufregendsten Gaming-Märkte der Welt“ sei – und wer 600 Millionen Gamer hinter sich weiß, darf das wohl auch so sagen. Auch Devang Bhimjyani von Reliance gibt sich euphorisch:

Gemeinsam wolle man die „nächste Generation an Esport-Talenten inspirieren“. Klingt nach großen Plänen. Und immerhin kommt das Ganze nicht von Unbekannten, sondern von Branchenriesen mit Erfahrung.

Wie es weitergeht

Zunächst mal: Ein riesiger Markt wacht auf. Bislang hat Indien im internationalen Esport kaum eine Rolle gespielt – zumindest nicht auf Augenhöhe mit Europa, Korea oder den USA. Das liegt zum Teil an der fehlenden Infrastruktur, aber auch daran, dass es schlicht keine großen Turniere vor Ort gab. Mit BLAST und Reliance könnte sich das ändern.

Zweitens: Für Esport-Fans in Indien (und vielleicht auch bei uns) bedeutet das mehr Turniere, mehr Teams, mehr Spannung. Und wer weiß – vielleicht sehen wir bald ein indisches Team auf großer Bühne gegen G2, Fnatic oder Team Liquid antreten.

Drittens: Der globale Esport verändert sich. Während in Europa und den USA die Wachstumsgrenzen langsam erreicht sind, suchen große Organisationen neue Märkte. Der Nahe Osten ist schon dabei (Stichwort Saudi-Arabien), jetzt also auch Indien.

Es ist ein logischer Schritt – aber einer, der das Kräfteverhältnis verschieben könnte. Denn wenn 600 Millionen Gamer plötzlich ernst machen, dann wird’s für die etablierten Größen richtig spannend.

Fazit

In Indien entsteht mit dieser Partnerschaft eine völlig neue Esport-Infrastruktur, getragen von Big Playern mit tiefen Taschen. Reliance bringt das Geld und die Plattformen, BLAST das Know-how und die Turnierformate.

Natürlich steht noch nicht fest, welche Turniere konkret kommen. Aber die Marschrichtung ist klar – und sie führt Richtung Wachstum, Publikum und Prestige. Indien will mitspielen, und nicht mehr nur zuschauen. Wer Esport liebt, sollte das im Auge behalten.

Ben Touati schreibt über Esports, Games und digitale Welten – mit einem Blick, der zwischen analytischem Tiefgang und nerdiger Begeisterung pendelt. Sein Background in Linguistik verleiht ihm ein feines Gespür für Sprache, Struktur und die kleinen Nuancen, die große Geschichten tragen. Ob aktuelle Entwicklungen im kompetitiven Gaming, neue Trends oder Arnold Schwarzeneggers Englisch: Ben liefert Einordnungen mit Substanz – immer durchzogen von Popkultur-Referenzen, filmreifen Metaphern und dem leisen Verdacht, dass das alles irgendwie mit Buffy the Vampire Slayer und Watchmen zu tun hat.